Im Fan-Projekt Bremen geht es um soziale Arbeit mit jugendlichen Fußballfans von Werder Bremen. Die Arbeit ist Teil der kommunalen Jugendarbeit und lässt sich in fünf Ebenen darstellen:
Es werden die verschiedenen Fan-Gruppen im Stadion, an ihren Treffpunkten und unterwegs aufgesucht, um die Situation der Fans einschätzen zu können, Kontakte zu knüpfen, bei Problemen zu helfen und Angebote zu offerieren.
Den Fans werden verschiedenste Möglichkeiten für eigene Aktivitäten, Freizeitbeschäftigung und Weiterbildung angeboten: Reisen, Fan-Begegnungen, Fußballturniere und Veranstaltungen.
Hier versucht das Fan-Projekt zwischen der "Welt der Fans" und der "Welt der Erwachsenen" zu vermitteln, wie beispielsweise gegenüber dem SV Werder, der Polizei, dem Sicherheitsdienst und den Medien.
Hier werden die Aktivitäten der Fans (Fanzine, Kurvenshows, Fan-Clubs, Turniere, Treffen, Veranstaltungen) unterstützt.
Hier finden die Fans mit ihren Sorgen oder Nöten Gehör und werden bei Bedarf auch an entsprechende fachliche Einrichtungen vermittelt.
Grundbedingungen sind dabei Parteilichkeit, Freiwilligkeit und Anonymität.
Im März 2008 traf sich die AG "Werderfans gegen Diskriminierung" erstmals zu einem konstituierenden Treffen im OstKurvenSaal des Weser-Stadions. Wiederholte, politisch motivierten Übergriffe auf antirassistische Fußballfans in Bremen und alltägliche diskriminierende Äußerungen und Handlungen von Fans im Weser-Stadion und unterwegs führten zu der Idee, eine Arbeitsgruppe gegen Diskriminierung für junge Werderfans ins Leben zu rufen.
Ziel der Gruppe ist es, Werderfans über Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und Homophobie aufzuklären und den Unterwanderungsversuchen der Fanszene durch Rechtsextremist:innen aktiv entgegenzutreten.
Zu den Aktivitäten der Gruppe in der Vergangenheit gehörten Diskussionsveranstaltungen zu den Themen "Geschlechterrollen beim Fußball-Gender Kicks", "Abseits - nicht mit uns", eine Veranstaltung zur Rolle von Fans mit Behinderungen, die Aktualisierung der Ausstellung "Tatort Stadion", die Organisation und Durchführung einer Kurvenshow gegen Homophobie beim Fußball sowie ein Aktionstag gegen Diskriminierung.
Im Moment gibt es keine regelmäßigen Treffen der Gruppe!
Die Geschlechtersensible Jugendarbeit begann Mitte der 90er-Jahre im Fan-Projekt Bremen als Projekt dreier Studentinnen der Universität Bremen. Diese initiierten nach einer Befragung einiger weiblicher Werderfans ein regelmäßiges Fußballtraining, ein Turnier sowie einen wöchentlichen Mädchentreff. Als das Projekt 1998 auslief, sollte dieser geschlechtersensible Ansatz kontinuierlich in die Fan-Arbeit verankert werden. Deswegen wurde schließlich 1999 eine hauptamtliche Stelle mit einem Umfang von 20 Stunden für die Geschlechtersensible Jugendarbeit im Fan-Projekt eingerichtet.
Seither hat sich viel verändert. Mädchen und Frauen gehören beim Fußball in Bremen mittlerweile zum gewohnten Bild: Es ist normal, dass sie ins Stadion gehen, bei Auswärtsfahrten anzutreffen sind und sich in verschiedenen Fangruppen engagieren. Die Frage, warum Frauen und junge Mädchen zum Fußball gehen, scheint weniger im Vordergrund zu stehen. Und auch die Diskussion, in welche Kategorie „Stadiongängerinnen“ einzuordnen sind – die Freundin, die ihren Freund ins Stadion begleitet, der weibliche Fan, der einen Spieler verehrt wie einen „Popstar“ oder die Frau, die selber Fußball spielt und kompetentes Wissen mitbringt – sind inzwischen so absurd wie überholt und auch für die pädagogische Arbeit irrelevant. Allerdings ist festzustellen, dass Frauen und junge Mädchen im Kontext Stadion, in dem ihre Anteil auf circa 20-30 % geschätzt wird, unterrepräsentiert sind und auch noch heute mit geschlechtsbezogenen Vorurteilen und Abwertungen konfrontiert sind. Anmachen, blöde Sprüche und sexistische Beleidigungen, auch der gegnerischen Mannschaft oder Fans sind keine Seltenheit.
So ist es wichtig, weiterhin den (manchmal speziellen) Bedürfnissen und Problemen von Mädchen und Frauen mit kompetenten Fachkräften zur Seite zu stehen, problematische Entwicklungen zu benennen und diese gemeinsam zu verändern. Eine Hauptaufgabe, neben der aufsuchenden Arbeit, ist daher der Austausch, die Netzwerkarbeit und Kooperation mit anderen Fan-Projekten und mädchenspezifischen Einrichtungen in Bremen. Seit 2009 setzt sich das das Team überdies mit allgemeinen Genderfragen auseinander und unterstützt Fans, Veranstaltungen mit Schwerpunkten wie Homophobie, Sexismus und Männlichkeit im Fußball zu organisieren.
LINKS UND TIPPS
AK-Mädchen in Bewegung: www.facebook.com/ak.maedchen.in.bewegung
F-in – Netzwerk Frauen im Fußball: www.f-in.org und
www.facebook.com/frauenimfussball
Gender Kicks: Texte zu Fußball und Geschlecht von Antje Hagel, Nicole Selmer, Almut Sülzle (Hg.), 2005.
Die Öffentlichkeitsarbeit hat im Fan-Projekt Bremen einen besonderen Stellenwert. Dabei geht es zum einen darum die Arbeit und Angebote des Fan-Projekts Bremen bekannt zu machen und zum anderen auch Einfluss auf die Berichterstattung der Medien zu gewinnen, um zu einem realistischem Bild der Werderfans beizutragen. Denn oftmals werden jugendliche Fußballfans falsch oder missverständlich dargestellt, manchmal sogar dämonisiert.
Entstanden durch die Einmischung von Werder-Fans in die Architektur des Weser-Stadions besteht das Fan-Zentrum des Fan-Projekt Bremen mittlerweile 20 Jahre und wird von nahezu der gesamten Fan-Szene des SV Werder Bremen angenommen. Es beherbergt die unterschiedlichsten Fan-Gruppen, ist Treffpunkt, Begegnungsort, Freizeit- und Bildungsstätte, soziokulturelles Veranstaltungszentrum und zugleich Basis für die soziale (aufsuchende) Arbeit mit Fußballfans. Es wird soweit wie möglich von den Fans durch Eigenleistung, Freiwilligenarbeit und mit eigener Schlüsselgewalt selbst getragen, so dass eine hohe Identifikation der Fans mit den Räumen des Projekts, des Weser-Stadions und auch des Vereins SV Werder Bremen entstanden ist. Verantwortung und Blick für das Gemeinwohl konnten sich durch die verschiedensten Beteiligungsformen entwickeln. Die integrative Funktion des Zentrums wird durch das Raumangebot für die Bewohner:innen, sowie Schulen und Einrichtungen der umliegenden Stadtteile unterstrichen. Das Fan-Zentrum OstKurve hat sich unseres Erachtens zum Standortfaktor für Bremen entwickelt, wie die anschließende Darstellung zeigen soll:
Hinzu kommt die weitere Nutzung des OKS durch die Ultra-Gruppen unter der Woche für Gruppentreffen und zur Herstellung von Kurven-Choreografien, für Bildungsveranstaltungen anerkannter Träger, sowie Gremiensitzungen aller Art, durch den Dachverband Bremer Fan-Clubs für eigene Veranstaltungen und die Fan- und Mitgliederabteilung von Werder Bremen für ihre Belange.
Durch den OKS hat sich die Förderung regelmäßiger Beziehungen zwischen Fans und Verein tatsächlich erst zu einer regelmäßigen Arbeit entwickeln können. Jugendbegegnungen im nationalen aber auch internationalen Rahmen haben durch den OKS als Treffpunkt der Fans eine neue Qualität und Quantität erhalten. Seminare und Gesprächsreihen sind durch die Existenz des Fan-Zentrums für das Fan-Projekt heute sogar spontan und ohne großen Aufwand mit einer hohen Anzahl von Fans durchzuführen.
Die kulturpädagogische Arbeit hat ebenfalls eine neue Qualität erfahren: regelmäßige Treffen zur Herstellung von Kurvenchoreographien, Live-Bands, Fans als DJs und nicht zuletzt die Gestaltung des Fan-Zentrums selber sprechen für sich. Auch die Palette der Freizeitangebote konnte entsprechend ausgebaut werden: Diskussionsveranstaltungen, Filmprogramme, Arbeitsgruppen und Workshops, wie im Nationalen Konzept Sport und Sicherheit gefordert, sind durch das Fan-Zentrum Teil regelmäßiger Fan-Arbeit geworden. Die Unterstützung der Fußballanhänger bei ihrer Selbstorganisation wird nicht nur durch die zur Verfügungsstellung von Räumen, sondern auch durch die Möglichkeit der Selbstöffnung und eigenständig verwalteter Räume enorm gefördert.